Demokratiekonferenz 2024

Antisemitismus – ein Thema, dessen Besprechung in Zeiten globaler Spannungen und wachsender Polarisierung immer wichtiger wird. Bei der dritten Demokratiekonferenz im Kreis Steinfurt stand genau dieser brisante Schwerpunkt im Mittelpunkt. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Antisemitismus auseinanderzusetzen – von aktuellen Herausforderungen bis hin zu den tief verwurzelten Mechanismen der Radikalisierung.

Die Konferenz bot eine breite Palette an Perspektiven, beginnend mit einem beeindruckenden Impulsvortrag von Ahmad Mansour, einem renommierten Autor und Psychologen. Mansour beleuchtete den „importierten Antisemitismus“ und zeigte eindrucksvoll auf, wie der Nahostkonflikt den Antisemitismus, auch in Deutschland, befeuert. Besonders besorgt äußerte er sich über die Rolle der sozialen Medien, die als Plattform für Hassprediger dienen und insbesondere junge Menschen erreichen. Mansour betonte, dass sowohl Gruppen wie die Hamas als auch Akteure wie Putin erkannt haben, dass moderne Kriege in den sozialen Medien ausgetragen werden und diese digitale Schlacht entscheidend für den Erfolg ist. Sein dringlicher Appell an die Teilnehmenden lautete: „Die sozialen Medien müssen zurückerobert werden, um die Demokratie zu schützen.“

Nach dem Vortrag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in verschiedenen Themenräumen weiterzubilden. So berichtete Hanna Stöckmann, eine in Russland aufgewachsene Jüdin, eindrucksvoll über ihre Flucht nach Deutschland in der Hoffnung, hier ein Land frei von Antisemitismus zu finden. Doch auch in Deutschland begegnete ihr Antisemitismus, sowohl im linken und rechten Extremismus als auch in seiner importierten Form. Ihre persönlichen Erlebnisse, insbesondere die ihrer Tochter, die bereits in der Schule Vorurteilen ausgesetzt war, verdeutlichten, wie tief dieses Problem verwurzelt ist. Ihr eindrückliches Fazit: „Ein jüdisches Leben ist immer ein Leben im Zeichen des Antisemitismus.“ Christian Weißgerber, ein Autor und Bildungsreferent, der selbst aus der Neonazi-Szene ausgestiegen ist, bot einen tiefen Einblick in die Mechanismen der Radikalisierung. Er schilderte, wie ihn rechtsextreme Musik und Verschwörungsideologien ursprünglich in die Szene hineinzogen und wie solche Ideologien früher vor allem Menschen ansprachen, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Doch heute hat sich das Bild verändert: Rechtsextremismus hat mittlerweile in allen Gesellschaftsgruppen Einzug erhalten. Weißgerber unterstrich, dass Antisemitismus ein globales Problem ist und dass der Nationalsozialismus schon immer international gedacht wurde. Sein eindringlicher Appell an die Gesellschaft: „Erkennt das Problem an, investiert in die Demokratie und handelt.“ Im dritten Themenraum lag der Fokus auf der lokalen Situation der Hasskriminalität im Kreis Steinfurt. Stefan Rauß von der Kreispolizeibehörde Steinfurt berichtete, dass die Zahlen zwar niedrig sind, es jedoch auch hier antisemitische Vorfälle gibt, wie das Absägen des Anne-Frank-Baums in Ibbenbüren. Rauß hob die Bedeutung von Vertrauen und Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den verschiedenen religiösen Gemeinschaften im Kreis hervor, um Konflikte zu lösen und das Verständnis für kulturelle Unterschiede zu fördern.

Die Demokratiekonferenz erreichte weit über 220 Bürgerinnen und Bürger, die sich aktiv mit dem Thema „Antisemitismus“ auseinandersetzten. Trotz der vergleichsweise positiven Lage im Kreis Steinfurt wurde klar, dass eine starke Zivilgesellschaft unerlässlich ist. Projekte zur Demokratiestärkung müssen weiter gefördert und das Engagement für demokratische Werte, besonders im digitalen Raum, intensiviert werden. Denn Demokratie ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr und verlangt nach kontinuierlichen, präventiven Maßnahmen.